Inselgrab by Ohle Bent

Inselgrab by Ohle Bent

Autor:Ohle, Bent
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783863584238
Herausgeber: Emons
veröffentlicht: 2014-12-16T05:00:00+00:00


23

Nils betrat sein Büro. Jussi und Minthal saßen an provisorischen Arbeitsplätzen und tippten auf ihren Laptops herum. Jussi hatte sein Handy zwischen Ohr und Schulter geklemmt. Jensen saß mit einem weiteren Mann auf einem Tisch und drehte Nils den Rücken zu. Sie unterhielten sich leise.

»Moin«, sagte Nils. Jensen blickte sich um.

»Petersen. Gut, dass Sie da sind. Würden Sie bitte zu uns kommen?«

Der andere Mann stand auf und wandte sich nun ebenfalls Nils zu. Er war ein weißhaariger, schmalschultriger Kerl mit staunenden Augen, die ihn fast wie ein Kind aussehen ließen. Doch in seinem Blick lag auch eine Härte, die ihn sofort als Polizisten brandmarkte. So einen Blick konnten nur Polizeibeamte haben, die mit Morddelikten zu tun hatten. Er versank fast in einem Wildlederblouson und schenkte Nils ein höfliches, schiefes Begrüßungslächeln.

»Das ist Herr Kinsing, der Profiler, den ich zu diesem Fall hinzugezogen habe«, stellte Jensen den Mann vor.

Sie reichten einander die Hände. Kinsing hatte einen schwachen, feuchten Händedruck, wie Nils ihn nicht mochte.

»Herr Kinsing möchte sich den Tatort ansehen. Obwohl ich glaube, dass das fast nicht mehr nötig ist.«

»Sie haben neue Ergebnisse?«, fragte Nils.

Jensen wich seinem Blick aus und druckste ein wenig herum. Er sah aus, als leide er unter starken Kopfschmerzen.

»Ich möchte Sie gern unter vier Augen sprechen. Wir bringen Herrn Kinsing zum Tatort, und dann fahren wir in mein Hotelzimmer, wenn Ihnen das recht ist.«

Nils verstand nicht, was das zu bedeuten hatte. Eine berufliche Unterredung im Hotelzimmer? Was konnte er nicht hier mit ihm besprechen? Das wirkte nicht nur befremdlich auf ihn, sondern auch höchst eigenartig im Hinblick auf Jensens sonst so korrekte Art. Etwas lag in der Luft. Und es war nichts Gutes. Nils fühlte sich wie auf einem Schiff, und der Kapitän nahm ihn beiseite, um ihm zu eröffnen, dass das Schiff bald sinken würde.

Sie fuhren in Nils’ Wagen nach Norddorf, setzten Kinsing ab und fuhren weiter ins Dorfzentrum.

»Wo wohnen Sie?«, fragte Nils.

»Pension Auguste, dort hinten links.«

»Kenne ich. Gutes Frühstück, was?«

»Ja, in der Tat. Und ein schöner Ausblick, wenn man ihn genießen könnte.«

Nils parkte vor dem Haus, und sie betraten die kleine Lobby. Jensen hatte die Schlüssel bei sich und ging direkt die Treppe hinauf in den ersten Stock.

Das Zimmer lag zum Watt hinaus. Es war hell und freundlich eingerichtet. Umso bedrückender war es für Nils, hier mit Jensen zu sein, der ihm einen Platz am Tisch vor dem Fenster anbot.

»Möchten Sie etwas trinken?«

»Ich bin zu neugierig, fürchte ich«, sagte Nils und setzte sich. Jensen sank schwer und erschöpft auf den Stuhl ihm gegenüber. Er rieb sich die Stirn und fuhr dann ruckartig durch seine Haare.

»Herr Petersen, Sie fragen sich sicher, warum wir beide hier sind.«

Nils nickte, und Petersen versuchte zu lächeln, aber das misslang.

»Ich muss mit Ihnen eine Sache besprechen, die erst mal nicht öffentlich werden darf. Sie sind bis auf Weiteres der Einzige, mit dem ich darüber spreche.«

Nils wurde unbehaglich zumute. Was konnte er leisten, was andere nicht konnten? Was machte ihn vertrauenswürdiger als Jensens direkte Mitarbeiter? Er blickte auf die Odde, die im aufgepeitschten Sand aussah, als hätte sie jemand ausradieren wollen.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.